Hvannadalshnjúkur

Der im Vulkanmassiv des Öræfajökull ist mit 2'110 m der höchste Gipfel Islands

Der Hvannadalshnjúkur erreicht 2'110 m ü. M. Foto von Ágúst Guðmundsson.

Alle Bergsteiger schauen mit glänzenden Augen auf den Hvannadalshnjúkur. Vom Nationalpark Skaftárfell aus gesehen erscheint er besonders ehrfurchtgebietend, aber er wird keinen Wanderer in guter Kondition überfordern, eventuell mit etwas Unterstützung und einem Bergführer. Trotzdem muss man sich bewusst sein, dass der Aufstieg lang und nicht ganz ungefährlich ist, denn das Wetter dort oben kann völlig anders sein als im Tiefland. Der Gipfel sollte auf der Wunschliste eines jeden Bergsteigers stehen.

Der Hvannadalshnjúkur ist aus saurem Vulkangestein und steht auf der Kante der kleinen, eisgefüllten Kaldera auf der Bergkuppe des mächtigsten Vulkan Islands, dem Öræfajökul. Der Gipfel liegt zum grössten Teil unter dem Gletscher und ragt 200 Meter über die von Spalten durchzogene Gletscherebene. Er wurde nach dem Tal «Hvannadalur» benannt, welches sich vom Svínafell bis unter den Bergrücken Hvannadalshryggur erstreckt. Auf der Seite des Svínafell-Gletschers, kalbt der Gletscher vom Hvannadalshnjúkur hinab und grosse Gletscherbrocken liegen dort unten.

Der meistbegangene Weg auf den Hvannadalshnjúkur ist der sogenannte «Sandfellsleið». Angefangen beim leerstehenden Gehöft Sandfell geht es erst über die verwilderten Felder und dann in südwestlicher Richtung den Gletscher entlang, unterhalb des Gipfels Rótarfjallshnjúk. Danach geht man ca. 5 km auf der Gletscherebene, die die Bergkuppe des Öræfajökuls bildet. Von dieser Route soll hier aber nicht weiter berichtet werden, sondern von einer sowohl kürzeren als auch interessanten Strecke, dem Virkisjökulsleið.

Man besteigt den Virkisjökull-Gletscher (dieser Weg ist nun gesperrt wegen Eisschmelze; Anmerkung der Übersetzer) von da aus, wo er dem Svínafell am nächsten kommt, und folgt ihm in Richtung eines langen, schneebedeckten Abhangs, nahe der nordwestlichen Biegung des Gletschers (an der linken Kante). Die Route liegt dann immer bergauf, bis man auf eine zerklüftete Gletscherfläche am äusseren Rand des Hvannadals-Rückens kommt. Direkt vor einem ragt der Dyrhamar (1’911m) aus dem Gletscher. Jetzt muss man sich zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden: Entweder kann man auf den Hvannadalsrücken steigen und auf ihm westlich des Dyrhamars vorbei gehen. Dann erreicht man eine Kantenspalte und einen 100-150 m hohen Gletscherhang (mit einer durchschnittlichen Neigung von 45°). Diesen besteigt man bis zu einem Grat, der den Hvannadalshnjúkur und den Dyrhamar verbindet und folgt ihm dann bis auf den Gipfel. Dieser Weg ist mit Schwierigkeit T6 gekennzeichnet. Die andere Möglichkeit ist beträchtlich einfacher, Schwierigkeit T5, bei der man die Ostseite des Dyrhamars entlang bis auf den Gipfel steigt. Im Spätsommer kann allerdings die grosse Anzahl an Gletscherspalten beim Dyrhamar diese Route unpassierbar machen.

Vom Gipfel des Hvannadalshnjúkur aus sieht man alles, vom Mýrdalssand bis nach Ostisland und bis weit auf den Vatnajökull-Gletscher hinauf. Oft verschwindet Nordisland im Dunst und nur selten hat man eine vollkommen klare Sicht in diese Richtung. Dafür liegt die eindrücklichste Gletscherwelt des Landes direkt zu Füssen der Bergsteiger. Man benutzt die gleiche Route zum Abstieg, denn sie ist sowohl die Sicherste als auch die Schnellste. Und das ist nicht zu unterschätzen, denn die gesamte Strecke ist eine Bergwanderung von 10-15 Stunden. Tourenski verkürzen natürlich den Abstieg beträchtlich.